Kehlkopfentfernung – Was ist Laryngektomie?

Laryngektomie

Der vollständige Verlust des Kehlkopfs verändert nicht nur die Anatomie des Halses, sondern wirkt sich tiefgreifend auf Kommunikation, Atmung und Lebensqualität aus. Dennoch kann die moderne Medizin Betroffenen heute wirkungsvolle Methoden zur Rehabilitation und Stimmbildung anbieten. Die Logopädie spielt in diesem Zusammenhang der Laryngektomie eine zentrale Rolle.

Was ist Laryngektomie?

Die Laryngektomie beschreibt die vollständige Entfernung des Kehlkopfes. Dieser Eingriff wird unter Vollnarkose durchgeführt und betrifft nicht nur die Stimme, sondern auch zentrale Körperfunktionen wie das Atmen und Schlucken. Der Kehlkopf, einschließlich der Stimmlippen, wird chirurgisch entnommen, sodass die natürliche Stimmbildung nicht mehr möglich ist.

Nach der Entfernung wird die Luftröhre nicht mehr mit Mund und Nase verbunden, sondern nach außen über den Hals geleitet. Dort entsteht ein sogenanntes Tracheostoma, ein dauerhaftes Atemloch am Hals, über das nun die Atmung erfolgt. Die chirurgische Trennung von Luft- und Speiseröhre schützt vor dem Verschlucken, verändert aber das Schluckverhalten.

Häufig erfolgt zusätzlich die Entnahme der Halslymphknoten, um mögliche Tumorabsiedlungen zu entfernen. Bei vielen Patienten wird während des Eingriffs bereits eine Verbindung (Fistel) zwischen Luftröhre und Speiseröhre geschaffen, in die später eine Stimmprothese eingesetzt werden kann.

Warum eine Kehlkopfentfernung?

Die häufigste Ursache für eine Laryngektomie ist ein bösartiger Tumor im Kehlkopf oder angrenzenden Rachenraum. Bei fortgeschrittenem Larynx- oder Hypopharynxkarzinom, das sich durch andere Therapien nicht ausreichend kontrollieren lässt, ist die vollständige Entfernung des Kehlkopfes oft die einzige verbleibende Option. In frühen Tumorstadien können organerhaltende Verfahren wie Laserresektion oder Strahlentherapie erfolgen.

Weitere Indikationen können Rezidive (Rückfälle), kombinierte Tumorbehandlungen oder schwere funktionelle Beeinträchtigungen sein, zum Beispiel nach gescheiterten Bestrahlungen.

Ziel ist immer, die Lebensqualität zu sichern und die Chance auf Heilung zu maximieren, selbst wenn dies den Verlust der natürlichen Stimme bedeutet.

Die Folgen von Laryngektomie

Die Entfernung des Kehlkopfs bringt weitreichende Veränderungen mit sich, die sowohl körperliche Funktionen als auch die psychosoziale Lebenssituation betreffen. Viele dieser Folgen sind unumkehrbar, doch durch gezielte medizinische und therapeutische Maßnahmen lassen sich viele Einschränkungen erfolgreich kompensieren.

  • Stimmverlust: Da die Stimmlippen vollständig entfernt werden, ist keine natürliche Stimmbildung mehr möglich. Die gewohnte Sprechweise fällt weg, was die verbale Kommunikation erheblich einschränkt.
  • Dauerhafte Atmung über das Tracheostoma: Die Luftröhre mündet nun direkt nach außen, wodurch das Einatmen über Mund und Nase entfällt. Dies erfordert eine neue Atemtechnik und besondere Hygiene im Umgang mit dem Tracheostoma.
  • Gestörter Geruchs- und Geschmackssinn: Durch den fehlenden Luftstrom über die Nase ist die Geruchswahrnehmung stark eingeschränkt, was sich auch auf das Geschmacksempfinden auswirkt.
  • Veränderungen beim Schlucken: Auch wenn die Gefahr des Verschluckens sinkt, muss das Schlucken neu gelernt werden, da die Koordination der Muskulatur sich verändert.
  • Erhöhte Infektanfälligkeit: Ohne die Filterfunktion von Nase und Rachen dringen Staub, Bakterien und trockene Luft leichter in die Atemwege ein, was Hustenreiz und Schleimbildung verstärken kann.
  • Psychosoziale Belastungen: Der Verlust der Stimme und die sichtbare Veränderung am Hals wirken sich oft negativ auf das Selbstbild und das soziale Leben aus.
  • Kommunikative Herausforderungen im Alltag: Gespräche, spontane Reaktionen oder Telefonate sind erschwert, was die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben beeinflussen kann.

Sprechen lernen nach der Laryngektomie

Nach dem Verlust der natürlichen Stimme beginnt ein intensiver Prozess der Rehabilitierung. Ziel ist es, eine neue Form der Kommunikation zu ermöglichen – entweder mithilfe des eigenen Körpers oder technischer Hilfsmittel. Der Weg dorthin ist individuell verschieden, abhängig vom Gesundheitszustand, den anatomischen Gegebenheiten und den persönlichen Zielen der Betroffenen.

In der frühen Phase wird häufig schriftlich oder durch Gestik kommuniziert. Schon kurz nach der OP beginnt jedoch die logopädische Arbeit: Sie umfasst Atemschulung, Artikulation und die Einführung in mögliche Ersatzstimmen. Die wichtigsten Optionen sind die Ösophagusstimme, elektronische Sprechhilfen und Stimmprothesen. Gemeinsam mit Experten wird erarbeitet, welche Methode am besten geeignet ist. Das Ziel: die aktive Teilhabe am sozialen Leben ermöglichen und Selbstbewusstsein schaffen.

Ösophagusstimme

Die Ösophagusstimme ist eine Methode der Ersatzstimme, bei der Luft bewusst in die Speiseröhre eingebracht und kontrolliert wieder ausgestoßen wird. Dabei geraten Gewebefalten im oberen Bereich der Speiseröhre in Schwingung – ähnlich wie zuvor die Stimmlippen im Kehlkopf. Die so erzeugten Töne werden mit Zunge, Lippen und Kiefer zu Worten geformt.

Diese Technik hat den Vorteil, dass keine Hilfsmittel nötig sind – sie funktioniert allein durch die körpereigenen Strukturen. Allerdings ist das Erlernen der Ösophagusstimme anspruchsvoll und braucht viel Geduld und Training. Nicht alle Betroffenen schaffen es, eine klare und verständliche Stimme auf diesem Weg zu entwickeln. Die Lautstärke ist meist begrenzt, ebenso wie die Länge der gesprochenen Passagen.

Elektronische Sprechhilfe

Eine weitere Möglichkeit bietet die elektronische Sprechhilfe, auch Elektrolarynx genannt. Es handelt sich dabei um ein handliches Gerät, das außen am Hals oder im Mund angesetzt wird. Es erzeugt Schwingungen, die beim Sprechen durch die Artikulationsorgane moduliert werden.

Diese Methode ist relativ leicht erlernbar und kann früh nach der Operation eingesetzt werden. Sie ermöglicht eine zuverlässige und sofort verfügbare Kommunikation. Der Klang wirkt jedoch oft künstlich und monoton, was manche Betroffene als störend empfinden. Dennoch stellt der Elektrolarynx eine wichtige Unterstützung im Alltag dar, besonders in der Übergangsphase oder bei Patientinnen und Patienten, die keine andere Ersatzstimme aufbauen können.

Stimmprothese

Die Stimmprothese gilt heute als Goldstandard in der postoperativen Sprachrehabilitation nach Laryngektomie. Dabei wird eine kleine Ventilprothese in eine Verbindung zwischen Luftröhre und Speiseröhre eingesetzt – meist während der Operation oder kurz danach. Wenn beim Ausatmen das Tracheostoma verschlossen wird, strömt Luft durch die Prothese in die Speiseröhre und versetzt dort die Schleimhaut in Schwingung.

Das Ergebnis ist eine vergleichsweise natürliche Stimme mit guter Verständlichkeit. Die Sprachdauer, Lautstärke und Intonation lassen sich durch Training deutlich verbessern. Die Prothese muss jedoch regelmäßig gewechselt und gepflegt werden, was eine gewisse Abhängigkeit von ärztlicher Betreuung mit sich bringt. Trotzdem ist die Stimmprothese für viele Betroffene die effektivste und alltagstauglichste Lösung.

Logopädische Unterstützung nach der Laryngektomie

Die logopädische Therapie ist ein zentraler Baustein in der Rehabilitation nach einer Laryngektomie. Sie unterstützt nicht nur beim Erlernen einer Ersatzstimme, sondern begleitet auch die psychosoziale und funktionelle Anpassung an die neue Lebenssituation.

  • Individuelle Stimmberatung und Zielplanung: Zu Beginn der Therapie wird gemeinsam mit der Patientin oder dem Patienten entschieden, welche Ersatzstimme (Ösophagusstimme, Stimmprothese oder elektronische Sprechhilfe) am besten geeignet ist.
  • Atem- und Stimmtraining: Der Aufbau einer funktionierenden Ersatzstimme erfordert gezieltes Training der Atemführung, Atemkontrolle sowie der Artikulation – mit dem Ziel, möglichst verständlich sprechen zu können.
  • Anleitung im Umgang mit der Stimmprothese: Wenn eine Stimmprothese eingesetzt wurde, vermittelt die Logopädin oder der Logopäde den sicheren Gebrauch, die Reinigung und das Sprechtraining mit der Prothese.
  • Förderung der Ösophagusstimme: Wer keine Prothese nutzt, kann lernen, Luft gezielt in die Speiseröhre zu drücken und damit Laute zu erzeugen – ein komplexer, aber möglicher Weg zur eigenständigen Stimmgebung.
  • Alltagstraining und Kommunikationssicherheit: In realitätsnahen Situationen wird das neu erlernte Sprechen gefestigt, etwa in Gesprächen, beim Telefonieren oder in Gruppensettings.
  • Psychologische Stabilisierung durch Kommunikationserfolg: Sprachliche Selbstwirksamkeit trägt entscheidend dazu bei, das Selbstvertrauen und die soziale Integration nach der OP wiederherzustellen.
  • Langfristige Begleitung und Anpassung: Die logopädische Betreuung ist kein einmaliger Prozess, sondern eine fortlaufende Unterstützung – besonders bei Stimmveränderungen, Komplikationen oder dem Wunsch nach Optimierung der Kommunikationsfähigkeit.

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